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Ein mehr als einhundert Jahre altes Schiff, oder ein Haus, ein Auto, ein Mensch, wird zwangsläufig ein paar Schwachstellen haben - einige mehr oder weniger wichtige. Bei Betty war es vor allem Anderen die 'linke Hüfte'.
Schon seit einigen Jahren war deutlich, ganz besonders beim Auffrischen des Unterwasserschiffs im Frühling (Farbe kratzen, Kalfaten, Primern und neu Streichen), dass die gestückelten Planken an der kritischen Stelle beim Übergang vom Unterwasserschiff zum Spiegelheck an Backbord rott waren. Man konnte das feuchte, weiche Holz mit dem kleinen Finger eindrücken und vor allem RIECHEN. Ich nannte diese Stelle genau über dem Austritt der Welle und ein paar Zentimeter über dem Propeller 'Betty's linke Hüfte', die dringend operiert (oder ganz erneuert) werden mußte. |
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Andere bekannte Schwachstellen - fast so wichtig wie die Hüfte - sind die Kajüte, durch die es an zwei irreparablen Stellen leckt und das Deck, das vor mehr als 20 Jahren zuletzt erneuert wurde und das manchmal sehr undicht ist, manchmal weniger und gelegentlich keinen Tropfen leckt, abhängig von der Menge Wasser von oben, der Luftfeuchtigkeit und vor allem, wie hart sie gesegelt worden ist. Dann brauchen Unterwasserschiff und Deck manchmal einen ganzen Tag, bevor sie ihren trockeneren, eher normalen Zustand wiedergefunden haben.
Da bei dieser Art Reparaturen fast immer noch zahlreiche unerwartete Problemzonen zusätzlich entdeckt werden - was den Umfang und Zeitrahmen für die Arbeit im Vorhinein praktisch unplanbar macht - hatte ich schon lange vorher beschlossen, nicht alles auf einmal machen zu lassen und dabei zu riskieren das Boot für ewig auf der Werft liegen zu haben, sondern die Arbeit stattdessen Stück für Stück machen zu lassen. So würde ich nicht befürchten müssen, dass das Schiff vollständig austrocknen würde mit allen unvorhersehbaren Konsequenzen. Darüber hinaus war die Vorstellung vielleicht ein ganzes Jahr lang nicht auf eigenem Kiel segeln zu können völlig untragbar...
So faßte ich den Entschluß, mit der 'kaputten Hüfte' im Frühjahr 2010 zu beginnen und mit Deck und Kajüte im Winter darauf anzufangen.
Kleinere Reparaturen mache ich natürlich selber, wie Sachen am stehenden und laufenden Gut, der Elektrik, dem Lackieren und was sonst noch so anfällt, aber das Einsetzen von neuen Planken oder sogar Spanten, professionelles Kalfaten und neue Segel nähen sind Arbeiten, die wenige Bootsbauer wirklich gut beherrschen. Also mußte ich so einen Bootsbauer finden.
Meine Wahl fiel auf die Werft Fa. M. van Duivendijk in Tholen, Zeeland, wo Betty 2004 nach einer schweren Havarie perfekt wiederhergestellt worden war. In ihren vier Generationen hat diese Werft zahlreiche segelnde Fischereifahrzeuge aus Holz für die Oosterschelde und "Hoogar Yachten" für wohlhabende Antwerper Bürger gebaut. Zwei wunderbare Beispiele aus dieser Werft stehen als Originale im Schifffahrtsmuseum zu Antwerpen. Da ich im Sommer 2009 sowieso nach Holland segeln wollte paßte es perfekt in meinen Plan und ich fand dort einen guten und vor allem eisfreien Liegeplatz für den Winter. Die Arbeit sollte früh im April beginnen und ich hoffte, das Unterwasserschiff schon über die Ostertage selbst streichen zu können.
Leider dauerten andere Projekte in der Werfthalle länger als geplant und so wurde es Ende April, bevor Betty aus dem Wasser gehoben werden konnte und die Arbeit auf der Werft durch den jungen Bootsbauer Marius wirklich beginnen konnte. Die nächsten Schritte der Reparatur von Betty's Hüfte zeigen die folgenden Fotos im Detail (die meisten stammen von Chef, meinem freundlichen Nachbarn von Betty's Liegeplatz). |